War eines der ersten originellen ProSieben-Formate. Machte mich als Moderator bekannt. Als Redaktionsleiter nicht. Wir waren in der Redaktion viel zu wenig Leute, durften kein Geld ausgeben und haben gearbeitet bis zum umfallen.
Jeder im Team hatte einen Tag im Monat frei. Das ergab sich halt so.
Selbstausbeutung durch Enthusiasmus.
Wir hatten nie wieder so viel Spaß.
Wir haben gemacht, was wir wollten.
Mein großer Stolz: Alle, die ich angelernt habe, machen heute richtig gute Jobs.
Zeitraum:
8/93-3/94
Der Eisbrecher
Georg Holzach at home: Hintergründe vom Strassenflirt
Nehmen wir mal an, Sie wären mal wieder fuer einen richtig schönen Flirt zu haben, und Sie fühlten sich beim Betrachten eines Mannes stark zu seinem – bevorzugt natürlich knackigen – Hinterteil hingezogen. Würden Sie all dies einem fremden Herrn mitten auf dem Münchner Marienplatz erzählen? Wohl kaum. Dann fragen wir uns aber, wieso Georg Holzach jede Woche wieder Frauen und Männer findet, die vor der Kamera sagen, dass sie Haare auf der Brust mögen, kleine Hintern sexy finden oder auf One-Night-Stands stehen. Dieser Mann baggert und gräbt bundesweit Frauen und Männer an, begleitet von zwei Kameramännern, zwei Tonleuten, einer Producerin und einem Betreuer, und er bringt in Strassenflirt wöchentlich zusammen, was oft gar nicht zusammengehören will.
Der Eisbrecher, wie Georg Holzach bei Pro 7 genannt wird, sitzt am Boden in seiner Wohnung und hantiert am Radio herum. Ich weiss auch nicht, woran es liegt, dass es in letzter Zeit immer leichter wird, mit den Leuten über ihre Liebesverhältnisse zu reden, meint Mr. Eisbrecher, vielleicht doch daran, dass wir im Team so eingespielt sind und so oversexed. Dann zählt er ein paar seiner Fragen auf: Bist du treu? Was findest du an den ersten Berührungen aufregend? Magst du, wenn dich ein Mann packt? Lustig sei es neulich beim Skifahren gewesen, da war ein extrem frecher Typ,
der seiner Auserwählten sofort sehr indiskrete Fragen gestellt hat. Sie sei etwas verschämt gewesen, wollte zwar schon mitmachen, traute sich aber nicht vor der Kamera. Da hab? ich gesagt, frag? ihn doch einfach mal, wie oft er masturbiert. Danach hat?s geklappt.
Bei den Drehs in Hamburg, schwärmt Holzach, hätten die Leute viel besser mitgemacht. Aber in München haben wir oft so verklemmte Leute, ich nenne das Neuro-TV, lauter Stadtneurotiker. Und viele, die erst sehr witzig und locker sind, frieren vor der Kamera ein. Dann helfen wir nach.
Im Ohr rumpulen
Das mit dem Nachhelfen darf man sich etwa so vorstellen: Wenn Georg Holzach vor oder während dem Essen merkt, das wird nichts, dann gibt er Tips. Frauen rät er zum Fusseln und Männern zum Hautkontakt. Ich will, dass aus den Leuten was rauskommt und da quatsch? ich halt so auf sie ein.
Er lacht etwas, als er meint: Beim Skidreh hat der Kameramann einen Typen gefragt, wo denn seine erogenen Zonen sind. Der hat geantwortet: „Zwischen den Beinen und im Ohr“, da hat ihm der Kameramann mit den Skihandschuhen gleich im Ohr rumgepult. Durch sowas durchbrichst du die Guckkastensituation. Und genau das mache Spannung, meint er.
Dann erzählt er von einem gegenteiligen Fall, als sich das Mädchen plötzlich beim Essen hinkniete, ihrem verdutzten Partner den Hintern hinstreckte und fragte, ob ihm der gefalle. Die zwei haben aus dem Stand über Sex geredet. Wir haben uns totgelacht. Dass fast jedes zweite Essen ein Reinfall wird, ist seiner Ansicht nach nebensächlich: Ob die ihre Freude darstellen oder ihre Neurosen, ist egal. Hauptsache ist doch, es passiert irgend was. Wir müssen die Leute ja nicht glücklich machen, wir müssen sie nur zusammenbringen, es muss irgendwie krachen. So richtig zu krachen scheint es vorrangig allerdings hinter der Kamera. Da gibt es einen Tonmann, genannt die goldene Schaufel, der alle Kandidatinnen, die irgendwie übrigbleiben, anbaggert. Und auch Georg Holzach selbst erzählt ganz verträumt von einem absoluten Hammer in Wien. Auf die Frage, ob es denn überhaupt Leute gibt, die die Kandidaten gut finden, antwortet er:
Ja klar, vor kurzem war ein Pärchen für drei Wochen zusammen. Und peinliche Szenen? Peinlich berührt bin ich immer nur, wenn sie mir sagt, mein Traummann steht vor mir. Dann muss ich ihr klarmachen, dass ich das Spiel nicht jede Woche für mich alleine spielen kann, sondern dass ich nur Makler bin.
Karin Steinberger, Süddeutsche Zeitung, Nr. 053 v. 05.03.1994, S.28f.